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Norddeutsche Dialektversion im Vormarsch
Immer häufiger treffe ich auf Menschen, die
mal - die norddeutsche Dialektversion - für hochsprachlich halten (obwohl z. B. niemand ein Märchen schriftsprachlich mit
Es war mal begänne), und die im gesamten deutschen Sprachraum korrekte Schriftversion
einmal lediglich für ein österreichisches Spezifikum. Immer öfter ist
mal auch in sonst dialektfreien österreichischen Zeitungsartikeln zu lesen und in ORF-Nachrichtenmeldungen zu hören, es schleicht sich sogar hörbar in den Sprachgebrauch der scheinbar dialektfesten ratenden österreichischen KabaretistInnen usw. in "Was gibt es Neues?" ein, absolut einzige Ausnahme: Niavarani (außerhalb: vielleicht noch Lukas Resetarits).
Das ist Folge jahrzehntelang mangelnder Eigenständigkeit gegenüber sprachlicher MacDonaldisierung. Aufgrund seiner Häufigkeit (Gewöhnungseffekt) sowie seines subtilen Einflusses auf Sprachklang und -rhythmus ist
mal dabei ungleich wirksamer als es scheinen mag.
Geh amoë ume (Gehe einmal hinüber) ist stimmig -
Geh mal ume hingegen funktioniert nicht, weil zwischen
mal und
ume ein riesiger Sprung von sehr weit nördlich nach südlich des Weißwurstäquators läge.
In seinem Windschatten folgen inzwischen u.a.
'ne (für
aa/aane = eine) und
'n (für
a/aan = ein[en]) - zu lesen in an Dialektausdrücken reichen Online-Selbstbeschreibungen österreichischer Jugendlicher, und von ihnen alltäglich zu hören. Die nächsten Generationen dürften etwa beim Kaisermühlen-Blues schon Untertitel brauchen. Und während sich deutsche Tatort-Produktionen in (bescheidener) Differenzierung üben - vom Schwaben Bienzle bis zum Sachsen Ehrlicher -, setzt der ORF "SoKo Donau" mit (neuerlich) norddeutscher Titelfigur in klanglich neutralisiertem bis vernördlichtem Umfeld mit Dietrich Siegl und Mona Seefried als einzigen authentisch sprechenden Alibi-WienerInnen fort.
joeditt 02.06.2007