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Badstube

die, -, -n
[ ’påtštu:(b)m ]

Haus oder Raum zum Dörren des Flachses


Wortart: Substantiv
Kategorie: Arbeitswelt Technische Begriffe
Erstellt von: Koschutnig
Erstellt am: 10.05.2017
Bekanntheit: 0%  
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Badestube
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Kommentare (1)


Noch viel weiter als bei der Haarstube hat sich das Verständnis für die eigentliche Bedeutung der Bezeichnung bei der "Badstube" entfernt, denn immerhin identifizieren noch etliche das "Haar" mit dem "Hoar", dem Flachs. Doch ein Bad, in dem nicht gebadet werden konnte? Und ein Wort mit -tschscht-? Da hat man die "Bascht-Stubm" als Badstubm verstanden und mittlerweile touristisch pfiffig diese als Brechelbad zur devisenbringenden Bauerntrockensauna umfunktioniert. Nach J.R. Bünker aus Seeboden am Millstätter See ist das "Patschn" mit 'bähen' verwandt, was logisch im Hinblick auf das Rösten erscheint:
108/126: Während alle Mägde ohne Ausnahme die Flachsbrechel zu handhaben wissen, gibt
es nur wenige ältere Frauen, die durch jahrelange Übung das Rösten des Flachses in
tadelloser Weise verstehen. Sie werden der Reihe nach von allen Bauern eines Dorfes
gedungen und wandern von Badstube zu Badstube. Man nennt eine solche Frau Pātschin.
Das a in diesem Worte ist kein tief-, sondern ein hochlautendes. Das zweite interessante
Wort besteht aus der Wurzel des Wortes Pātschin und heißt . Unter der Bezeichnung versteht man aber jene Menge Flachses, die in einer Badstube zum Rösten untergebracht und auf einmal geröstet werden kann. Beiden Worten aber liegt das Zeitwort pān (bähen) zugrunde. A Pā lautet ins Hochdeutsche übertragen: eine Bähe, und Pātschin bedeutet nichts anderes als: die Bähende.

Das Wort "bähen" (pān) ist aus der Mundart des Kärntners fast ganz geschwunden. Man spricht nur mehr höchstens vom Bähen einer Semmel, nie aber vom Bähen des Flachses. Der Flachs wird geröstet oder gedörrt. Das schließt aber nicht aus, dass das Wort bähen früher für rösten oder dörren allgemein im Gebrauch war. Ich habe darum gedacht, ob die Kärntner Påtschtub’m nicht als Pāschtub'm, als Bähstube, in der der Flachs gebäht wird, aufzufassen sei. Påschtub’m würde ganz gut zu und Pātschin passen, und aus der Påschtub’m kann erst eine Påtschtub’m geworden sein, als der Gebrauch des Wortes pān bereits aus dem Munde des Volkes geschwunden und der Geist des Volkes bemüht war, dem ihm unverständlich gewordenen Namen der Pāschtube einen zu geben, den es wenigstens dem Sinne nach zu deuten vermochte.
source: Johann Reinhard Bünker in Ödenburg, Das Bauernhaus am Millstätter See in Kärnten. Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien 32 (1902), S.255, Wikimedia-Datei


Bei einer anderen etymologischen Erklärung fällt einem jedoch wieder nordisches Saunabrauchtum ein, auch wenn man bemüht ist, das Werfen von Steinen damit zu erklären:
Der „Batsch" (vom Gotischen bazn = ausschlagen, „biesnen" = Rutenschlagen) wohnte in der Badstube („Batsch-Stube").
source: Karl Dinklage, Konrad Erker, Helmut Prasch, Franz Koschier, Geschichte der Kärntner Landwirtschaft (1966)
source: Um die Möll. Volkskunde eines Kärntner Tales (1977)
Brechlhütte oder "Grube", oft in Verbindung mit der Badstube. Hier wurde der Flachs gedörrt. Der Haarbatsch wohnte darin, er war für das richtige Dörren des Flachses verantwortlich. Das Wort „Batsch" kommt aus dem mhd. „boazn", schlagen.
source: Matthias Leitgeb, Aus der Geschichte unseres Bauerntums (1977)

Koschutnig 10.05.2017



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